FOLGENZUSAMMENFASSUNG:
In dieser Episode geht es darum, wie man die „Idiotensteuer“, also die Kosten für Fehlentscheidungen, vermeiden kann. Ich erzähle eine Anekdote aus dem Jahr 2020, die veranschaulicht, wie irrationale Entscheidungen zu finanziellen Verlusten führen können. Um solche Fehler zu vermeiden, empfehle ich, Denkpausen einzulegen und mit deinem zukünftigen Ich zu sprechen. Außerdem nenne ich dir weitere hilfreiche Methoden, um überlegte Entscheidungen zu treffen und Denkfehler zu minimieren.
💰Wie viel „Idiotensteuer“ hast du in deinem Leben schon bezahlt? Zehntausende oder Hunderttausende Franken oder Euro? Bei den meisten Leuten, die ich kenne, sind es Hunderttausende.
Um dir zu erklären, was ich mit Idiotensteuer meine, erzähle ich dir eine kleine Anekdote aus meinem Leben. Im Juli 2020, also mitten in der Pandemie, bekam ich von einem sehr guten Freund einen Tipp für eine Aktie. Es ging um Relief Therapeutics. Das Unternehmen hatte vielversprechende Ergebnisse bei der Entwicklung eines Medikaments zur Behandlung von COVID-19. Er gab mir den Tipp sehr früh. Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch kein Depot, über das ich die Aktien hätte kaufen können. Also kontaktierte ich meine Hausbank, die mir zunächst einen Depotvertrag schickte, den ich gegenzeichnen musste. Das Ganze dauerte ganze vier Tage. Vier Tage, in denen die Aktie weiter stieg und stieg. Endlich hatte ich Zugang und beschloss, Aktien zu kaufen, in der Hoffnung, dass der Kurs weiter steigen würde – was er natürlich nicht tat. Er stürzte ab, und zwar völlig. Ich hatte zum dümmstmöglichen Zeitpunkt investiert. Ich hatte die Idiotensteuer bezahlt. Ich hatte FOMO und entschied mich nach vier Tagen steigender Kurse völlig irrational zum Einstieg. Diese kleine Anekdote zeigt, wie dumm Entscheidungen sein können. Ich schäme mich noch heute für diese Geschichte. Bin ich klüger geworden? Zum Teil ja. Wie, das will ich dir erklären.
💰In dieser Episode geht es darum, wie du weniger dumme Entscheide fällst und damit weniger Idiotensteuer bezahlst.
Auch uns als Unternehmer:in fällt es oft sehr schwer, gute Entscheidungen zu treffen. Dafür zahlen wir einen hohen Preis. Meist geschieht dies im Eifer des Gefechts. Wir verpassen wichtige Entscheidungen oder treffen sie aus dem Bauch heraus, ohne gründlich darüber nachzudenken. Dabei unterliegen wir sehr oft Denkfehlern, im Englischen „biases“ genannt. Diese Biases sind die Folge des schnellen Denkens. In der Evolution des Menschen war es ein entscheidender Vorteil, für verschiedene Situationen eine Standardreaktion zu haben und schnell handeln zu können. Heute sind aber viele dieser Standardreaktionen nicht mehr sinnvoll. Ich möchte das an einem Beispiel erläutern.
Unsere Vorfahren sind bekanntlich in der Savanne Afrikas aufgewachsen und haben sich dort im hohen Gras versteckt; vor Raubtieren, aber auch, um sich potentiellen Beutetieren zu nähern. Wenn es nun plötzlich und unerwartet hinter ihnen raschelte, hatten sie zwei Möglichkeiten: 1. sich umzudrehen, um herauszufinden, was geraschelt hatte, oder 2. davonzulaufen.
Wenn die Ursache des Raschelns ein Beutetier war, bekamen sie Nahrung, hatten also einen Selektionsvorteil. War es aber ein Tiger oder ein Löwe, gewannen sie sofort den Darwin-Award. Der Schaden für den Räuber war also um ein Vielfaches größer als der Nutzen für die Beute. Deshalb hat sich der Fluchtreflex als evolutionärer Vorteil durchgesetzt.
Heute ist das anders. Es gibt kaum noch existenzielle Gefahren, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und viele unserer Verhaltensweisen bringen uns in unserer modernen, sicheren Zivilisation keinen Vorteil mehr. Dennoch sind diese Heuristiken tief in unseren Genen verankert und es kostet viel Energie und Mühe, sie zu überwinden. Heute könnten wir uns in ähnlichen Situationen getrost dem Rauschen nähern. Zum einen, weil wir mit modernen Waffen technologisch im Vorteil sind, zum anderen, weil wir wissen, dass es – zumindest bei uns in Europa – kaum noch Tiere gibt, die uns ernsthaft gefährlich werden können. Das Risiko ist also minimal im Vergleich zu den Chancen.
Ein weiterer Grund für den Rückgriff auf feste Muster ist, dass Denken an sich anstrengend ist. Unser Gehirn verbraucht 20 % der Energie, die wir aufnehmen. Deshalb versuchen wir, so wenig wie möglich zu denken.
Henry Ford hat das einmal in einem schönen Zitat zusammengefasst: „Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum sich so wenige Menschen damit beschäftigen“.
Wenn wir also Denkfehler vermeiden wollen, müssen wir uns anstrengen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger und Begründer der Verhaltensökonomie Daniel Kahnemann zeigt in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ sehr schön viele dieser Denkfehler auf.
Ich möchte nun eine ganz konkrete und praktische Anwendung des langsamen Denkens vorstellen. Diese Methode basiert auf dem Buch „The Road less Stupid“ von Keith Cunningham. Er beschreibt darin, wie er selbst viel „Idiotensteuer“ bezahlt hat, mit Geschichten wie meiner zu Beginn dieser Folge. Idiotensteuer ist der Ausdruck für die Kosten, die entstehen, wenn wir aufgrund von Dummheit, mangelnder Vorbereitung oder unüberlegtem Handeln finanzielle Verluste erleiden. Es ist eine metaphorische Bezeichnung für die Folgen schlechter Entscheidungen oder unzureichender Planung, die finanzielle oder andere negative Auswirkungen haben können.
Als Gegenmittel zu dieser „Idiotensteuer“ empfiehlt Cunningham das Einlegen von Denkpausen. Genau dieses Werkzeug möchte ich dir im Folgenden vorstellen.
Wenn du bessere Entscheidungen treffen und Denkfehler vermeiden möchtest, empfehle ich dir, regelmäßig Denkpausen einzuplanen und durchzuführen. Denkpausen sind Verabredungen mit dir selbst. Sie dauern in der Regel ca. 45 Minuten und finden in absoluter Ruhe und Ungestörtheit statt. Du kannst diese Denkpausen einmal pro Woche, alle 14 Tage oder auch nur einmal im Monat einlegen. Wichtig ist nur, dass du sie einplanst und die Voraussetzungen für gute Ergebnisse schaffst. Ich mache meine Denkpausen zu verschiedenen Zeiten, je nach meinem Kalender. Manchmal mache ich es auch spontan, wenn ich gerade Zeit habe. Andere Unternehmer:innen, die ich kenne, haben einen fixen Termin in ihrer Agenda, den sie regelmäßig wahrnehmen.
Bereite dich wie folgt auf die Reflexionsphasen vor: Erstelle eine Liste mit wichtigen Themen und Entscheidungen, die du mit dir selbst besprechen möchtest. Wähle jeweils ein Thema für eine Denkpause aus und schreibe es auf ein Blatt Papier. Setze dich an einen ungestörten Ort, schalte alle Ablenkungen wie Smartphone, Musik, Computer etc. aus und konzentriere dich auf die Fragestellung. Beginne mit einer Liste von Stichpunkten unter der aufgeschriebenen Frage. Notiere nun die wichtigsten Gedanken und Erkenntnisse in den Bulletpoints. Sobald du einen Gedanken notiert hast, machst du den nächsten Bullet Point in der Liste.
Als mögliche Themen für deine ersten Denkpausen möchte ich dir hier einige Anregungen geben:
- Was kann ich tun, um das Wachstum zu beschleunigen?
- Was ist der nächste wichtige Schritt?
- Was ist deine größte Angst oder Sorge?
- Was wird nicht gesagt, was gesagt werden sollte?
- Gibt es etwas, das uns vom Weg abbringen könnte?
Weitere Fragen findest du im Tool „Denkpausen“, das du über den Link in den Shownotes bestellen kannst.
Bei der Beantwortung der Fragen kannst du folgendermaßen vorgehen:
- Die unausgesprochene Frage finden. Sehr oft ist die Frage, die wir uns stellen, nicht die eigentliche Frage. Diese ist oft verborgen. Stelle also eine Frage, die Klarheit schafft und zu besseren Entscheidungen führt. Dazu kann es nötig sein, mehrere Denkpausen einzulegen.
- Trenne Problem und Symptom. Symptome sind offensichtlich. Ursachen sind es selten. Sehr oft behandeln wir nur die Symptome, ohne die Ursachen zu erkennen. Deshalb ist es wichtig, das eigentliche Hindernis zu erkennen, das deinen Fortschritt blockiert.
- Überprüfe Annahmen. Unterscheide Fakten von Anekdoten. Versuche, Beweise für deine Annahmen zu finden. Diese Beweise können in Daten versteckt sein oder aus verlässlichen, reproduzierbaren Beobachtungen stammen. Beachte: Ein Datenpunkt ist kein Beweis, sondern eine Anekdote.
- Denke über die Konsequenzen nach – Kläre die Risiken und die Möglichkeit und den Preis, falsch zu liegen. Skizziere mögliche Lösungen und ihre Konsequenzen.
- Entwickle den Plan – Entwickle den ausführbaren Plan und identifiziere die Ressourcen (Zeit, Personal und Geld), die benötigt werden, um das eigentliche (Kern-)Problem zu lösen und Fortschritte zu machen.
Es hilft, wenn du dir der häufigsten Denkfehler bei der Beantwortung deiner Fragen bewusst bist. Wenn du noch einen Schritt weiter gehen möchtest, hilft dir ein Gespräch mit deinem zukünftigen Ich, das ich dir im Folgenden vorstellen möchte.
❗Viele von uns sehen nicht den sprichwörtlichen „Splitter im Auge des anderen, aber den Balken im eigenen“. Dieses Phänomen ist wissenschaftlich gut erforscht und wird als Salomon-Paradoxon bezeichnet. Der biblische König Salomo ist für seine sehr gerechten Urteile bekannt. Die Menschen kamen von weit her, um ihn um Rat und gerechte Urteile zu bitten. Aber er selbst verhielt sich nicht sehr rühmlich. Der Überlieferung nach soll er den Sklavenhandel in seinem Land gefördert, der Polygamie gefrönt und seinen Sohn sehr schlecht behandelt haben. Alles Verhaltensweisen, die man einem gerechten und weisen Mann nicht zutrauen würde. Zusammengefasst beschreibt das Salomonische Paradox die Eigenschaft, die Probleme und Schwierigkeiten anderer besser lösen zu können als die eigenen.
Daraus entstand das „Gespräch mit dem zukünftigen Ich“. Führe also die oben beschriebene Denkpause nicht nur mit dir allein, sondern mit deinem zukünftigen Ich durch. Überlege dir, welchen Rat du dir heute geben würdest, wenn du zehn oder zwanzig Jahre älter wärst. Du kannst den Effekt noch verstärken, indem du den Rat an dein heutiges Selbst in der „Du“-Form formulierst. Die Forschung hat auch gezeigt, dass Ratschläge von 60- bis 80-Jährigen deutlich besser sind und besser angenommen werden als zum Beispiel von 20- bis 40-Jährigen.
An dieser Stelle übrigens ein herzliches Dankeschön an Sven, einen befreundeten Unternehmer, der mich auf das Salomon-Paradoxon aufmerksam gemacht hat.
Weitere Möglichkeiten, das Salomon-Prinzip zu nutzen, sind Coachings und Peergroups. Ein Coach kann genau diese Außensicht einnehmen und so helfen, Fehler zu vermeiden und bessere Entscheidungen zu treffen. Peer-Gruppen sind Gruppen von Menschen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen und sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch treffen. Alle Selbsthilfegruppen basieren auf diesem Prinzip. Aber auch Unternehmergremien wie die TAB-Gremien eignen sich hervorragend dafür. Über Peer-Boards und insbesondere TAB-Boards werde ich in Folge 22 mehr berichten.
Zum Schluss noch einmal die Zusammenfassung der Episode
- In hektischen Situationen gute Entscheidungen zu treffen, ist fast unmöglich.
- Wenn wir trotzdem einen kühlen Kopf bewahren wollen, müssen wir bewusst das langsame Denken aktivieren.
- Um das langsame Denken zu aktivieren, können Denkpausen helfen. In diesen Denkpausen stellt man sich die wichtigen Fragen zu seinem Unternehmen und versucht, Lösungen zu entwickeln.
- Um das Ganze noch besser zu machen, führst du das Gespräch mit deinem zukünftigen Ich.
Wenn du dich intensiver mit dem Thema beschäftigen möchtest, empfehle ich dir folgende Bücher:
- „Fast Thinking, Slow Thinking“ von Daniel Kahnemann, das Standardwerk über Verhaltensökonomie und menschliche Denkfehler.
- „The Road Less Stupid“ von Keith Cunningham
❗Die Links zu den Büchern sowie eine kleine Anleitung mit möglichen Fragen für die Denkpausen sind in den Shownotes verlinkt. Außerdem habe ich dir einen Artikel über das Salomon-Paradoxon verlinkt.
In der nächsten Folge geht es wieder um ein Finanztool. Ich werde dir zeigen, wie du mit kleinen Veränderungen Großes bewirken kannst. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.
Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß in deinem Business. Bis zum nächsten Mal!