Folge #28 – Wie du bessere Entscheidungen triffst

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

In dieser Folge erkläre ich, wie du als Unternehmer bessere und schnellere Entscheidungen treffen kannst. Ich stelle dir vier Methoden für Gruppenentscheidungen vor, darunter den Konsent, der sich als besonders effektiv erweist. Außerdem zeige ich dir einen Prozess, den du für deine persönlichen Entscheidungen nutzen kannst, um Denkfehler zu vermeiden und fundierte, durchdachte Entscheidungen zu treffen. Mit den richtigen Fragen und Tools wirst du in der Lage sein, deine Entscheidungsqualität deutlich zu verbessern.

💡 In dieser Folge geht es darum, bessere Entscheidungen zu treffen.

Als Unternehmer:in müssen wir jeden Tag Entscheidungen treffen, sei es in Sitzungen mit unserem Team oder auch alleine bei der Arbeit. Dabei kann viel auf dem Spiel stehen. Deshalb fällt es uns nicht immer leicht, Entscheidungen zu treffen.

🗣️ Theodore Roosevelt soll einmal gesagt haben: „Wenn der Moment der Entscheidung kommt, ist es das Beste, das Richtige zu tun, das Zweitbeste, das Falsche zu tun, und das Schlechteste, gar nichts zu tun.“

Ob dieses Zitat wirklich von ihm stammt, ist nicht belegt. Aber im Kern trifft es zu. Wenn wir besser entscheiden wollen, dann müssen wir nicht nur qualitativ bessere Entscheidungen treffen, sondern wir sollten sie auch in einem vernünftigen Zeitrahmen treffen.

Im Folgenden werde ich einige Tipps und Werkzeuge vorstellen, wie wir genau das in Zukunft erreichen können: schnellere und bessere Entscheidungen. Im ersten Teil werde ich mich mit Entscheidungen in Gruppen beschäftigen, im zweiten Teil mit denen, die du alleine triffst.

👥  Selbst wenn du nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hast, wirst du einen großen Teil deines Arbeitsalltags in Besprechungen verbringen. Diese Sitzungen sollten effizient und effektiv sein, damit sie etwas bringen. Im Idealfall führen Sitzungen zu Entscheidungen. Wenn du ständig an Sitzungen teilnimmst, die Zeitverschwendung sind, dann empfehle ich dir, dir Folge 6 dieses Podcasts anzuhören. Dort stelle ich dir verschiedene Werkzeuge vor, mit denen du bessere Sitzungen führen kannst.

Wenn du bereits gute Sitzungen leitest, wirst du sehr oft Entscheidungen treffen müssen. In den meisten Fällen werdet ihr euch einig sein. Es wird aber auch Situationen geben, in denen ihr unterschiedlicher Meinung seid und es euch schwer fällt, eine endgültige Entscheidung zu treffen.
In solchen Situationen gibt es im Wesentlichen vier Möglichkeiten:

  1. Konsens: Die Lösung muss einstimmig beschlossen werden. Das heißt, alle müssen Ja sagen.
  2. Die Mehrheitsentscheidung: Es wird abgestimmt und der Vorschlag mit den meisten Stimmen wird umgesetzt.
  3. Der Autoritarismus: Es wird immer die Entscheidung des Chefs umgesetzt.
  4. Der Konsens: Es wird eine Lösung gewählt, gegen die niemand etwas einzuwenden hat.


Wenn wir diese vier Ansätze mit den Kriterien aus der Einleitung bewerten, ist der Konsent der beste. Die anderen drei scheitern entweder an der Qualität oder an der Zeit oder an beidem.

Um dies zu verstehen, möchte ich kurz auf die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze eingehen.

Beim Konsens gibt es Einbußen sowohl bei der Entscheidungszeit als auch bei der Qualität. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis eine Lösung gefunden ist, zu der alle Ja sagen können. Ein gutes Beispiel dafür sind internationale Verhandlungen zwischen Staaten oder in Normungsgremien. Sehr oft wird die Entscheidungsfindung als zäh empfunden und das Ergebnis ist meist nur ein fauler Kompromiss. Am Ende stimmen zwar alle zu, aber kaum jemand ist von dem Ergebnis wirklich begeistert. Die Entscheidung beinhaltet nur eine Minimallösung und stellt niemanden zufrieden.

Beim Mehrheitsbeschluss dauert die Entscheidungsfindung meist nicht so lange wie beim Konsens, aber die Qualität ist oft noch schlechter. Sehr schnell beginnen die Beteiligten, Allianzen zu schmieden, Politik zu machen und Mehrheiten zu bilden. Diese Prozesse laufen meist im Hintergrund ab und sind nicht leicht zu erkennen. Es gibt immer Verlierer. Diese tragen eine Mehrheitsentscheidung nicht mit und sabotieren sie manchmal passiv, manchmal aktiv.

Behördenentscheidungen sind sehr schnell. Leider sind sie auch sehr fehleranfällig. In einem so komplexen Umfeld wie einem Unternehmen ist die Gefahr, einem Denkfehler zu unterliegen, sehr gross. Zudem werden Mitarbeitende, die regelmässig mit autoritären Entscheiden überfahren werden, sich nicht mehr engagieren und letztlich auch keine Verantwortung übernehmen.

Der Konsens vereint die positiven Eigenschaften der zuvor genannten Methoden. Er kann in kurzer Zeit erzielt werden. Gleichzeitig kommen alle Anwesenden zu Wort und können ihre Sichtweise einbringen. Wenn jemand starke Argumente gegen eine Entscheidung hat, können diese berücksichtigt werden. Letztendlich entscheidet aber immer die Führungskraft unter Berücksichtigung der vorliegenden Meinungen. Wichtig ist, dass die endgültige Entscheidung von allen getragen wird, also niemand dagegen ist.

Noch ein genereller Punkt zur Argumentation: Ich erlebe es immer wieder, dass Mitglieder in Führungsteams ihre Position wiederholen oder lauter werden, um ihrem Argument mehr Gewicht zu verleihen. Das funktioniert leider allzu oft. Aber ein wiederholtes oder lautes Argument ist nicht unbedingt ein besseres Argument. In solchen Fällen bestätige und wiederhole ich das Argument mit meinen eigenen Worten und gebe der betreffenden Person zu verstehen, dass ihr Argument angekommen ist. Wenn das nicht hilft, ist ein Gespräch auf der Metaebene angebracht.

🎯 Wenn du allein entscheidest, hast du all diese Probleme nicht. Das heißt nicht, dass es leichter wird. Als Unternehmer:in sind wir oftmals nicht nur alleine, sondern auch einsam. Das macht es schwer, gerade die großen Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig ist es auch eine Frage des Charakters. Je spontaner und emotionaler jemand entscheidet, desto schneller fallen die Entscheidungen. Geschwindigkeit hat aber bekanntlich immer auch einen negativen Einfluss auf die Qualität. Unabhängig davon, ob du eher schnell entscheidest oder eher mehr Zeit brauchst, kann dir der folgende Prozess, den ich dir vorstelle, helfen, bessere oder schnellere Entscheidungen zu treffen. Du kannst den Prozess auf jede Entscheidung anwenden. Da er etwas Zeit in Anspruch nimmt, ist er eher für etwas wichtigere Entscheidungen geeignet. Bevor du anfängst, empfehle ich dir, den Podcast kurz anzuhalten und das in den Shownotes verlinkte Dokument herunterzuladen und auszudrucken. Dort kannst du dann direkt deine Gedanken eintragen.

Wenn du das Dokument nun vor dir hast, kann es losgehen. Ich werde dich Schritt für Schritt durch das Dokument führen:

  1. Der erste Schritt besteht darin, sich darüber klar zu werden, worum es geht. Welche Entscheidung soll getroffen werden? Worum geht es genau? Und wie sieht deine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt aus?
  2. Im zweiten Schritt musst du dir im Klaren sein, wie viel Zeit du für die Entscheidungsfindung hast. Begrenze gegebenenfalls die Zeit, damit du nicht in einem Schwebezustand bleibst.
  3. Schreibe auf, wer die Entscheidung beeinflusst. Familie, Freunde, Mitarbeitende, Kunden usw. Nur wenn du weißt, wer Einfluss hat, kannst du deren Positionen berücksichtigen.
  4. Was sagt dein Bauchgefühl? Unser Gehirn verwendet eine Kombination aus Logik und Gefühlen, um Entscheidungen zu treffen. Diese Gefühle basieren auf all unseren bisherigen Erfahrungen und sind oft ein guter Kompass. Manchmal kann es uns aber auch in die Irre führen. Nur wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir es kontrollieren.
  5. Was würdest du einem Freund in deiner Situation raten? Wenn wir uns in die Position des Außenstehenden versetzen, sind wir eher in der Lage, uns selbst objektiv zu betrachten. Meistens sehen wir die Fehler der anderen leichter als unsere eigenen. Was könntest du an der anderen Person bemerken, was dir bei dir selbst nicht aufgefallen wäre?
  6. Schreibe alle Annahmen und Vermutungen auf, die du gemacht hast. Ungeprüfte Annahmen können zu blinden Flecken führen und unsere Entscheidungen negativ beeinflussen.
  7. Verkehre nun jede Annahme in ihr Gegenteil. Wie würde sich die Situation verändern? Hat die Annahme überhaupt einen Einfluss auf deine Entscheidung oder ist es ein Denkfehler?
  8. Denke über die Opportunitätskosten deiner Entscheidung nach. Opportunitätskosten sind Gewinne, Werte oder Vorteile, die aufgegeben werden müssen, um etwas anderes zu erwerben oder zu erreichen. Überlege, wie hoch diese Opportunitätskosten im Vergleich zu dem Gewinn sind, den du mit deiner Entscheidung erzielen kannst.
  9. Beschreibe deine Innensicht. Wie siehst du persönlich die Entscheidung? Die Innensicht konzentriert sich auf das, was wir bereits kennen und wissen. Sehr oft konzentrieren wir uns auf Anekdoten, anstatt uns auf die vorhandenen Fakten zu verlassen. Die Innensicht hilft uns, dies zu überwinden.
  10. Überlege nun, wie die Perspektive eines Außenstehenden aussehen könnte. Sehr oft haben wir das Gefühl, dass unsere Situation einzigartig ist. Wenn wir uns in eine Person hineinversetzen, die das vielleicht schon einmal erlebt hat, können wir viel rationaler an das Problem herangehen.
  11. Schreibe auf, wer von deiner Entscheidung am meisten betroffen ist. Sehr oft sind das nicht die gleichen Personen, die deine Entscheidung beeinflussen. Überlege dir, wie groß der Einfluss der Entscheidung ist und versuche, ihn zu quantifizieren.
  12. Überlege dir, wie ein experimenteller Testlauf aussehen könnte. Wäre das möglich? Vor allem große und weitreichende Entscheidungen sollten, wenn möglich, vorher getestet werden. Wenn du zum Beispiel in ein neues Land oder eine neue Stadt ziehen willst, könntest du das testen, indem du einfach für einen Monat dorthin ziehst, um zu sehen, wie es sich dort lebt.
  13. Wen kannst du um Rat fragen? Überlege dir, wer in deinem Bekanntenkreis das Problem vielleicht schon einmal hatte und frage sie, was sie in ihrer Situation gemacht haben und was sie im Nachhinein anders machen würden.
  14. Was weißt du nicht? Schreibe auf, welche unbekannten Informationen dir helfen könnten, eine bessere Entscheidung zu treffen. Oft sind es die Unbekannten, die unsere Entscheidungen negativ beeinflussen.
  15. Welche Variablen beeinflussen die Entscheidung? Welche Unsicherheiten gibt es? Schreibe sie auf. Je mehr unbekannte Variablen es gibt, desto komplexer wird die Entscheidung. Deshalb sollten wir versuchen, die Anzahl der Variablen zu reduzieren.
  16. Spiele den Advocatus Diaboli. Nimm bewusst die Gegenposition ein, um deine Entscheidung zu testen. Argumentiere für das Gegenteil und finde heraus, ob deine Entscheidung dadurch gestärkt oder geschwächt wird.
  17. Schreibe die Alternativen auf. Es gibt selten nur eine Lösung für ein Problem. Schreibe deshalb auf, welche anderen Lösungen du verworfen hast und warum.
  18. Mache dir deine Werte bewusst. Schreibe dir deine langfristigen Werte auf und überlege, welche Auswirkungen deine Entscheidung auf diese Werte und dein Leben hat.
  19. Was ist das beste Ergebnis? Schreibe auf, wie es aussieht, wenn alles so läuft, wie du es dir vorstellst.
  20. Was ist das schlimmste Resultat? Schreibe auf, was im schlimmsten Fall passieren könnte. Oft ist das schlimmste Resultat weniger schlimm als das Bild, das wir im Kopf haben.
  21. Was ist das wahrscheinlichste Ergebnis? Was erwartest du, was passieren wird, wenn du alle Wahrscheinlichkeiten in Betracht ziehst?
  22. Schreibe auf, wie sich deine Entscheidung in 10 Minuten, in 10 Monaten und in 10 Jahren auswirken wird. Wie wirst du dich dann fühlen?
  23. Schreibe nun deine endgültige Entscheidung auf.
  24. Bewerte deine Entscheidung auf einer Skala von 1 bis 10. Wie zuversichtlich bist du mit deiner Entscheidung?
  25. Setze dir einen Termin im Kalender, an dem du über deine Entscheidung nachdenkst. Ideal ist ein Zeitraum von etwa 6 Monaten.


Dann kannst du das Dokument zu den Akten legen und an der Umsetzung deines Entscheids arbeiten. Nach einem halben Jahr kannst du die folgenden drei Fragen beantworten:

  1. Welche unvorhergesehenen Umstände sind eingetreten, die du nicht bedacht hast? Bewerte deine Entscheidung auf einer Skala von 1 bis 10.
  2. Was war das Ergebnis deiner Entscheidung? Du hast das wahrscheinlichste Ergebnis deiner Entscheidung notiert. Wie gut stimmte deine Vermutung mit der Realität überein?
  3. Was hast du aus dem Prozess gelernt? Was würdest du aus heutiger Sicht anders machen?


📝 Diesen Prozess kannst du nun für alle deine wichtigen Entscheidungen einmal durchlaufen. Wie du vielleicht bemerkt hast, zielen viele der Fragen darauf ab, Denkfehler zu vermeiden oder zu verringern. Das Ganze nennt sich De-Biasing und erfordert etwas Routine. Mit der Zeit wirst du aber immer besser und stellst dir standardmäßig die richtigen Fragen zu deinen Entscheidungen. Einige Fragen kannst du auch gut im Team verwenden. Du solltest aber immer darauf achten, dass alle Beteiligten wissen, warum du die Frage stellst. Gerade die Position des Advocatus Diaboli kann sehr destruktiv und kritisch wirken. Auch die Frage nach externen Experten kann dem Team den Eindruck vermitteln, dass du ihnen nicht vertraust.

Zum Schluss wie immer eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

  • Als Unternehmer:in fällen wir tagtäglich Entscheidungen. Manche davon sind sehr weitreichend und können große Konsequenzen haben.
  • Gerade bei wichtigen Entscheidungen sollten wir zu langes Zögern, aber auch qualitativ schlechte Entscheidungen möglichst vermeiden.
  • Im Team sollten wir bei Entscheidungen den Konsens suchen. Konsens, Mehrheitsentscheidungen oder autoritäre Entscheidungen führen meist zu schlechteren Ergebnissen.
  • Wenn wir alleine entscheiden, geht es vor allem darum, Denkfehler zu vermeiden. Die Fragen, die in diesem Podcast gestellt werden, können uns dabei helfen.


Jetzt möchte ich dir noch einen Buchtipp geben. Das Buch heißt Entscheiden und ist im Kein&Aber Verlag erschienen. Geschrieben und gezeichnet haben es Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler. Es enthält 50 Konzepte für bessere Entscheidungen.

In der nächsten Folge zeige ich dir, warum Unternehmenswerte wichtig sind und wie du mit einem einfachen Tool deine Unternehmenswerte finden und festhalten kannst. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß in deinem Business. Bis zum nächsten Mal!