Folge #12: Revenue is Vanity, Profit is Sanity, but Cash is King

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

In dieser Folge (Folge 12) wird die entscheidende Rolle der finanziellen Verantwortung für Unternehmer:innen beleuchtet. Ein tragisches Beispiel illustriert die Folgen von falscher Finanzführung, während wichtige Kennzahlen wie Cash, Cashflow und Cash Conversion Cycle erläutert werden. Die Empfehlung lautet, die Position des CFO von der Rechnungsführung zu trennen und die Bedeutung dieser Kennzahlen für die Unternehmensführung zu betonen. Abschließend wird ein Finanzanalysetool namens Money Key empfohlen.

In dieser Episode geht es um Geld. Eigentlich geht es als Unternehmer sehr oft um Geld. Aber jetzt ganz explizit. Es geht darum, wie du deine Finanzen organisierst und welche finanzielle Verantwortung du als Unternehmer:in zwingend übernehmen musst.

Viele Unternehmer:innen mögen sich mit den Finanzen nicht wirklich beschäftigen. Sie lagern das Ganze an einen Treuhänder, in Deutschland Steuerberater genannt, aus oder überlassen es dem Ehepartner. Jemanden einzustellen, der sich um die Finanzen kümmert, ist vielen zu teuer. Dass das keine gute Idee ist, möchte ich an einem eindrücklichen Beispiel zeigen:

Einer meiner früheren Kunden, ein Dienstleistungsunternehmen mit knapp fünfzig Mitarbeitenden, war stark gewachsen. Das Geschäftsmodell war so aufgebaut, dass die Kunden ihre Rechnungen im Voraus bezahlen mussten. Liquidität war also kein Thema. Der Unternehmer hatte die gesamte finanzielle Verantwortung an die Treuhandgesellschaft delegiert. Nur die Rechnungsstellung und das Inkasso übernahm er selbst. Mit dem Wachstum des Unternehmens übernahm irgendwann die Ehefrau des Geschäftsführers die Buchhaltung. Leider verfügten weder der Geschäftsführer noch die Ehefrau über die notwendigen Kenntnisse. Ein Finanzreporting gab es nicht. Investitionsentscheidungen wurden nur aufgrund des Kontostandes getroffen.

Solange das Unternehmen wuchs, fiel daher niemandem auf, dass der Cashflow zwar recht gut war, das Unternehmen aber nicht profitabel arbeitete. Und so kam es, wie es kommen musste: Eines Tages liefen die Verkäufe nicht mehr so gut und dem Unternehmen ging das Geld aus. Nur mit großen Anstrengungen und einer Finanzspritze des Unternehmers und seiner Frau konnte die Insolvenz abgewendet werden.

Nach dieser Krise haben wir gemeinsam mit dem Management Kennzahlen eingeführt, um eine solche Situation in Zukunft zu vermeiden. Die Ehefrau berichtete von nun an monatlich über diese Zahlen. Die Zahlen waren nicht fantastisch, aber ganz akzeptabel. Das Managementteam begann, das Unternehmen mehr und mehr nach diesen Zahlen zu führen und Investitionsentscheidungen zu treffen. Bis ein Jahr später das Konto wieder leer war. Was war passiert? Die Ehefrau hatte zwar regelmäßig die Zahlen aus der Buchhaltung in das Reporting übertragen. Die Buchhaltung war aber nicht aktualisiert worden. Sie hatte also monatelang falsche Zahlen gemeldet. Wieder musste das Unternehmen innerhalb kürzester Zeit gerettet werden.

Nun war klar, dass die Ehefrau des Unternehmers der Aufgabe nicht gewachsen war. Sie hatte einfach nicht das Wissen und das Verständnis für die Position. Leider war es dem Unternehmer aus persönlichen Gründen nicht möglich, seine Frau aus der Position zu entfernen, was zur Folge hatte, dass sich die Situation nicht verbesserte. Das Unternehmen brach zusammen und ist heute nur noch ein Bruchteil dessen, was es zu seinen besten Zeiten war.

Für mich ist das ein eindrückliches und trauriges Beispiel dafür, was falsche oder fehlende Finanzverantwortung in einem Unternehmen anrichten kann. Damit dir das nicht passiert, möchte ich dir im Folgenden ein paar Tipps und Werkzeuge mit auf den Weg geben.

Zuerst müssen wir uns darüber unterhalten, was denn eigentlich unsere Verantwortung als Unternehmer:in in Bezug auf die Finanzen ist. Zumindest in der Schweiz ist der Verwaltungsrat dafür verantwortlich, dass das Unternehmen nicht überschuldet ist und ihm nicht die Liquidität ausgeht. Das Thema ist also ganz oben in der Organisation angesiedelt. Damit das funktioniert, brauchen wir operativ im Unternehmen jemanden, der sich um die Finanzen kümmert. Wenn du die letzte Episode gehört hast, dann ist „bezahlt werden“ eine der drei Hauptfunktionen in einem Unternehmen und damit eine der drei wichtigsten Positionen, die besetzt werden müssen. Leider ist es so, dass sehr viele Kleinst- und Kleinunternehmen diese Position nicht oder schlecht besetzen. Sie sehen nicht ein, warum sie dafür Geld ausgeben sollen. Ein CFO ist nicht produktiv. Stattdessen delegieren sie die Buchhaltung an den Treuhänder oder die Ehefrau übernimmt die Aufgabe in einem kleinen Teilzeitpensum. Für die Buchhaltung mag das noch gehen – vorausgesetzt, die Ehefrau verfügt über das nötige Wissen und die Ausbildung, um eine Buchhaltung korrekt zu führen. Die Aufgaben des CFO sind damit aber noch nicht abgedeckt. Der CFO ist dafür verantwortlich, dass die Geschäftsleitung jederzeit weiss, wie es um die Finanzen des Unternehmens steht und dass immer genügend Liquidität vorhanden ist. Und ja, dazu braucht es einiges an Wissen über Buchhaltung und Finanzen.

Ich war selbst als CFO in Unternehmen tätig und weiß, wie anstrengend es ist, sowohl die operative als auch die strategische Finanzverantwortung zu tragen. Ich empfehle daher auch allen Unternehmer:innen, die Funktion des CFO von der Funktion der Rechnungsführung zu trennen. Beide Funktionen sind gerade in kleineren Unternehmen keine 100%-Jobs. Eine Teilzeitlösung ist aber in den meisten Fällen möglich. Von zwei Varianten würde ich definitiv abraten:

Den CFO als Managed Service einzukaufen. Was wir brauchen, ist jemand, der im Managementteam Verantwortung übernimmt und Teil des Teams ist. Ein reiner Dienstleister wird das nie leisten.
Unqualifizierte Familienmitglieder als CFO oder Buchhalter einzusetzen. Eine Trennung ist sehr schwierig, wenn sich herausstellt, dass die Person nicht „am richtigen Platz“ ist.

Neben den Rollen und Verantwortlichkeiten müssen wir uns auch um die Zahlen selbst kümmern. Ein gutes Finanzreporting besteht aus mehreren Kennzahlen, die regelmäßig erstellt werden. Die folgenden sind meiner Meinung nach die wichtigsten:

Cash und Cash Flow: Wie sieht unsere aktuelle Liquidität aus und wie entwickelt sie sich?
Cash Conversion Cycle: Wie lange ist unser Geld gebunden?
Gewinn: Wie profitabel ist das Unternehmen?

Natürlich gibt es noch viele weitere Kennzahlen, die unter bestimmten Voraussetzungen ihre Berechtigung haben. An dieser Stelle möchte ich mich jedoch auf diese drei konzentrieren.

Als Cash bezeichnen wir unsere aktuellen liquiden Mittel. Also der Kontostand plus eventuelle Bargeldbestände. Das ist immer eine Momentaufnahme. Cash ist entscheidend für die Liquidität des Unternehmens, also für die Fähigkeit, kurzfristige Verbindlichkeiten zu begleichen. In der Buchhaltung finden wir die flüssigen Mittel in der Bilanz auf der Aktivseite unter den flüssigen Mitteln.

Der Cashflow hingegen ist die Veränderung der liquiden Mittel während einer Periode. Er zeigt auch, wohin das Geld im Unternehmen fließt. Wenn ich von Cashflow spreche, meine ich meistens den operativen Cashflow.

Der Cash Conversion Cycle ist aus meiner Sicht neben dem EBIT die wichtigste Kennzahl. Man kann sich den Cash Conversion Cycle wie eine Stoppuhr vorstellen. Die Stoppuhr startet, sobald ein Unternehmen Geld für Rohstoffe oder Produkte ausgibt. Sie stoppt erst, wenn dieses Geld durch Verkäufe wieder hereinkommt.

Ein kurzer Cash Conversion Cycle ist normalerweise ein gutes Zeichen. Er bedeutet, dass das Unternehmen effizient arbeitet und sein Kapital nicht zu lange gebunden ist. Ein langer Zyklus hingegen kann ein Warnsignal dafür sein, dass das Kapital nicht optimal eingesetzt wird, was sich negativ auf die Liquidität des Unternehmens auswirken kann.

Der Cash Conversion Cycle begrenzt das Wachstum des Unternehmens. Je kürzer er ist, desto schneller kann das Unternehmen wachsen. Ist er negativ, steigt die Liquidität umso stärker, je schneller das Unternehmen wächst. Ein sehr gutes Beispiel ist Amazon. Das Unternehmen hat jahrelang Verluste gemacht, konnte aber dank eines negativen Cash Conversion Cycles immer weiter wachsen. Der Cash Conversion Cycle war also dafür verantwortlich, dass das Unternehmen Investoren fand, die das Wachstum weiter beschleunigten.

Anders sieht es aus, wenn der Cash Conversion Cycle positiv ist. Bei einem positiven CCC kann ein Unternehmen aus eigener Kraft nicht beliebig schnell wachsen. Auch dies möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen. Es geht wieder um einen meiner Kunden. Das Unternehmen entwickelt eigene Produkte und lässt diese in China produzieren. Anfangs wurden die Produkte ausschließlich an nationale Distributoren verkauft, die wiederum den Vertrieb im eigenen Land übernahmen. Die Distributoren mussten die Ware containerweise bestellen und zahlten 50% bei Auftragserteilung und den Rest 30 Tage nach FOB China. Mein Kunde hatte ein Zahlungsziel von 45 Tagen nach FOB China. Der CCC lag also bei sehr komfortablen 50 Tagen. Leider funktionierte der Vertrieb über die Distributoren nicht überall im gewünschten Maße und das Unternehmen beschloss, in den wichtigsten Märkten selbst Distributoren aufzubauen. Quasi über Nacht stieg der CCC auf einen hohen positiven Wert. Das Cash Management wurde plötzlich extrem wichtig. Dank der sehr positiven Zahlen konnte das Unternehmen mehrere 100’000 Kredite aufnehmen, um die Lager zu finanzieren und so weiter zu wachsen.

Wenn du den CCC berechnen willst, brauchst du zwei abgeschlossene Buchhaltungen, zum Beispiel zwei Jahres-, Quartals- oder Monatsabschlüsse. Und du musst einige Hilfszahlen berechnen.
Da ist zunächst die Lagerumschlagsdauer. Das ist die Zeit, die benötigt wird, um alles zu verkaufen, was auf Lager ist.
Dann gibt es die Debitorenlaufzeit. Das ist die Zeit, die das Unternehmen braucht, um das Geld für die verkauften Waren auch tatsächlich vom Kunden zu bekommen.
Und schließlich haben wir die Kreditorenlaufzeit. Das ist die Zeit, die das Unternehmen benötigt, um seine eigenen Rechnungen bei den Lieferanten zu bezahlen.

Die Formel für den Cash Conversion Cycle ist also recht einfach: Man nehme die Lagerumschlagsdauer, addiere die Debitorenlaufzeit und subtrahiere die Kreditorenlaufzeit.

Ich empfehle dir, den CCC für dein Unternehmen mindestens einmal im Jahr zu berechnen. So siehst du, wo du ansetzen kannst. Wenn der CCC negativ ist, solltest du deinen Gewinn oder dein EBT stärker im Auge behalten, damit du nicht in das gleiche Problem gerätst wie das Unternehmen in meinem ersten Beispiel. Um den CCC zu optimieren, gibt es die folgenden Ansatzpunkte:

Verbesserung des Verkaufsprozesses. Je kürzer deine Verkaufszyklen sind, desto kürzer ist dein CCC. Wenn dein Verkaufsteam zum Beispiel statt 30 nur noch 15 Tage für einen Abschluss benötigt, wirkt sich das positiv auf den CCC aus.
Optimiere die Leistungserbringung und den Lagerumschlag. Je schneller eine Ware oder Dienstleistung produziert werden kann und je kürzer sie auf Lager liegt, desto besser für den CCC.
Kürzere Lieferzeiten. Wenn du deine Ware schneller an den Kunden ausliefern kannst, wirkt sich das ebenfalls positiv auf den CCC aus.
Mit kürzeren Zahlungszielen für Debitoren und längeren Zahlungszielen für Kreditoren kann der CCC ebenfalls positiv beeinflusst werden.

Generell liegen die Ansatzpunkte immer bei kürzeren Durchlaufzeiten, weniger Fehlern und der Verbesserung des Geschäftsmodells.

Als letzte Kennzahl sei noch das EBT, also das Ergebnis vor Steuern, genannt. Wie schon mehrfach erwähnt, wird diese Kennzahl dann wichtig, wenn das Unternehmen einen negativen CCC hat und stark wächst. Und generell ist es das Ziel eines jeden Unternehmens, einen Gewinn zu erwirtschaften.

Zum Schluss die Zusammenfassung zu dieser Folge: Neben all den anderen Aufgaben als Unternehmer:in müssen wir uns auch um die Finanzen unseres Unternehmens kümmern. Diese Verantwortung können wir nicht an einen Steuerberater delegieren. Es lohnt sich aber, frühzeitig jemanden für die Buchhaltung einzustellen. Die Person sollte aber immer fachlich für die Position geeignet sein – auch hier gilt: Right People and Right Seat. Ich rate dringend davon ab, aus Bequemlichkeit oder Kostengründen den Lebenspartner für diese Aufgabe einzusetzen. Je nach Geschäftsmodell sind dann andere Kennzahlen wichtig. Auf jeden Fall sollten wir unseren Cash Flow, den Cash Coversion Cycle und den Gewinn vor Steuern kennen und auf Monatsbasis berechnen. Mit den richtigen Kennzahlen haben wir die Basis für Optimierungen.

Wenn dir das alles zu kompliziert ist, solltest du unbedingt einen Crashkurs Finanzen für Unternehmer machen. Dort lernst du die Kennzahlen im Detail zu berechnen und zu interpretieren.

Zum Schluss möchte ich dir noch ein Tool empfehlen, das dir helfen kann, immer aktuelle Kennzahlen für deine Finanzen zu haben: Money Key. Money Key bietet dir die Möglichkeit, verschiedenste Analysen rund um die Finanzen deines Unternehmens durchzuführen. Du kannst damit alle wichtigen Kennzahlen berechnen, verschiedene Zeiträume vergleichen und so dein Unternehmen auf Basis aktueller Finanzzahlen führen. Den Link zu Money Key findest du auch in den Shownotes dieser Folge.

In der nächsten Folge geht es darum, wie du richtig gute Teambesprechungen durchführst. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß in deinem Business. Bis zum nächsten Mal!