Folge #1: Der Unternehmer Mythos

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

In dieser Episode nimmt uns Chris mit auf die oft missverstandene Reise von der Selbständigkeit zum Unternehmertum mit. Er zerlegt den „Unternehmer-Mythos“ in drei Akten und bietet dabei wertvolle Erkenntnisse und Tools, um häufige Fallstricke zu vermeiden. Basierend auf eigenen Erfahrungen und Michael Gerber’s Buch „The E-Myth“, stellt diese Folge eine wichtige Ressource für alle dar, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen oder bereits Unternehmer sind.

In dieser Folge werde ich über den Unternehmer-Mythos sprechen.

Für Unternehmer, die bereits den Schritt vom Selbständigen zum Unternehmer gemacht haben, die also bereits mehr als 10 Mitarbeitende führen, wird das folgende bekannt vorkommen. Trotzdem denke ich, kann es auch für die Unternehmer:innen spannend sein.

Wenn ich vom Unternehmer-Mythos spreche, meine ich die Illusion, die viele Menschen haben, wenn sie den Schritt in die Selbständigkeit machen. Sie denken, dass sie mit ganz viel Einsatz an Zeit und Energie erfolgreich sein können. Dass dies nicht so ist, sehen sie, wenn sie die ersten Mitarbeitenden einstellen. Vielfach endet das Ganze in einem Drama mit drei Akten.

Ich möchte dir im Folgenden diese drei Akte aufzeigen:

Der erste Akt: Der Wunsch nach Selbständigkeit

Mein Beispiel: Ich war schlicht frustriert. Ich war angestellt in einer Schweizer Grossbank. Ich hatte einen tollen Lohn und ich war komplett frustriert. Das führte dazu, dass ich trotz des tollen Lohns ende Geld noch Monat übrighatte. Meine Motivation war am Nullpunkt angekommen. Ich wollte etwas tun, was mich motivierte, ich wollte etwas Sinnvolles machen und ich wollte vor allem wieder mit Freude am Morgen an die Arbeit gehen. Das finanzielle war nicht im Vordergrund. Ich hatte gelernt, dass viel Geld nicht motiviert.

So geht es vielen, dich ich kenne. Wenn wir es auf der Maslowschen Bedürfnispyramide anschauen, geht es um die Selbstverwirklichung. Sein eigener Boss sein. Tun was eine Freude bereitet. Wissen wofür und für wen man aufsteht am Morgen. Das sind die wichtigsten Gründe dafür, dass Menschen den Schritt von der Anstellung in die Selbständigkeit machen.

Der zweite Akt: Der endgültige Entschluss und die ersten Schritte

Den Schritt in die Selbständigkeit machen die meisten mit einem gewissen finanziellen Polster – oder sie leihen sich Geld in ihrem engsten Umkreis. Am Anfang bezahlen sie sich wenig oder gar keinen Lohn aus, bis die ersten Kunden reinkommen. Hier kommt sehr oft schon die erste Prüfung: Ist mein Produkt so gut, dass es gekauft wird? Bin ich in der Lage, potenzielle Kunden von meinem Produkt oder meiner Dienstleistung zu überzeugen? Wir gehen davon aus, dass dies der Fall ist. Was sich nun früher oder später einstellt, sind Abnutzungserscheinungen. Wer Tag und Nacht, sieben Tage die Woche arbeitet, wird früher oder später müde – und das schlägt auf die Moral. Das ist der erste Punkt, an dem viele merken, dass Unternehmertum ein Mythos sein kann. Die logische Folge davon ist, so schnell wie möglich Personal einzustellen – was per se auch nicht falsch ist.

Damit sind wir beim dritten Akt: Entlastung durch Mitarbeitende.

Die erste Einstellung ist die wichtigste. Je nach Fähigkeiten und Vorlieben der Unternehmer:in wir das entweder jemand im Vertrieb, der Produktion oder bei der Administration sein. Da die meisten in der Vergangenheit immer nur auf der anderen Seite des Tisches gesessen sind – also auf der Arbeitnehmerseite – haben sie wenig Erfahrung im Leute einstellen. Was aber die meisten möchten, ist es besser machen als ihre früheren Chefs. Dabei können einige Sachen schieflaufen. Wer als ersten Mitarbeiter:in eine Fehleinstellung macht, wird ganz schnell auf die Welt kommen. Das kann existenzielle Risiken mit sich bringen. Gehen wir aber jetzt einfachheitshalber davon aus, dass wir jemanden einstellen, der für die Position geeignet ist. Was nun ganz oft passiert, ist dass der neuen Mitarbeitenden kurz erklärt wird, was er oder sie zu tun hat, und dann werden sie ihrem Schicksal überlassen… Aus Erfahrung kommt das ziemlich schief. Auch wenn die Person die besten Absichten hat und sich sehr viel Mühe gibt – sie kann schlicht keine Gedanken lesen. Sie weiss nicht, einfach so, wofür sie verantwortlich ist und wie sie die Dinge richtig macht. Schon bald wird sie ihre Kompetenzen überschreiben, Fehler machen und es kommt zu Spannungen. Die Folge davon ist, dass sie kündigt oder dass du ihr kündigst und du wieder alleine dastehst.

Das ist für viele eine Schlüsselsituation: Wollen sie weiter Leute einstellen oder für immer «Selbständig» bleiben? Und leider entscheiden sich viele für letzteres – Weil sie nicht genau wissen, was sie anders oder besser hätten machen sollen.

Die Antwort darauf ist ziemlich einfach: Für Unternehmertum muss man mehr als nur ein:e gute:r Techniker:in sein. Es reicht nicht, ein guter Gärtner zu sein, wenn man ein Gartenbau-Unternehmen aufbauen will. Was es zudem noch braucht, sind Management und Führung. Ich werde in späteren Folgen den Unterschied zwischen den beiden Disziplinen im Detail erklären. Die meisten können sich aber ungefähr etwas darunter vorstellen. Zwei Tools oder Disziplinen davon werden dir helfen, das vorhin beschriebene Drama zu verhindern.

Die wichtigsten zwei Gründe, weshalb das Ganze gescheiter ist, nein scheitern musste, sind, dass der oder die neue Mitarbeiterin keine Ahnung hatte, was ihre Verantwortlichkeiten sind und wie die Abläufe im Unternehmen richtig funktionieren. Als Unternehmer:in ist es deshalb unsere heilige Pflicht, diese zwei Punkte glasklar zu definieren, bevor wir jemanden einstellen. Wir können das mit zwei Tools:

  1. Die Accountability Chart
  2. Prozesse

Ich werde in späteren Folgen im Detail darauf eingehen, wie wir die Tools optimal einsetzen. Hier reicht es aber, wenn ich sie dir kurz definiere:

Die Accountability Chart ist ein Organigramm, dass nebst der Hierarchie und dem Namen die wichtigsten Rollen und Verantwortlichkeiten jeder Position im Unternehmen beinhaltet. Wichtig ist dabei, dass du am Anfang, bevor du jemanden einstellst, jede einzelne dieser Positionen selbst besitzt. Nach und nach gibst du Position um Position an deine Angestellten ab, bis du selbst nur noch in einer Position, der Führungsposition bist.

Prozesse sind alle deine Abläufe im Unternehmen. Es ist elementar, dass du selbst herausfindest, wie die Arbeiten in deinem Unternehmen auf die beste Weise getan werden. Dokumentiere sie mit einfachen Checklisten und sorge dafür, dass alle, die in dein Unternehmen kommen, diese Prozesse kennt, weiss wie sie umgesetzt werden und dass die Prozesse auch gemessen werden.

Dieses Vorgehen ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es ist im Detail in Michael Gerbers Buch The E-Myth beschrieben. Er plädiert dafür, als Unternehmer:in einen Blueprint, also eine Kopiervorlage für das eigene Unternehmen erstellt. Die Vorhin beschriebenen zwei Tools sind die wichtigsten Bestandteile dieses Blueprints. Der Blueprint sollte so gut sein, dass du das Unternehmen anschliessend kopieren und an einem anderen Ort eine Kopie starten könntest – wie in einem Franchising. Gerbers Buch hat denn auch in den USA zu einem Boom von Franchising-Unternehmen geführt, der heute noch anhält.

Dass das Ganze funktioniert, konnte ich selbst testen. Ich habe in meiner Karriere beide Methoden ausprobiert und kann bestätigen, dass es deutlich besser läuft, wenn man sowohl die Verantwortlichkeiten klärt als auch die Prozesse dokumentiert.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spass mit deinem Business. Bis zum nächsten Mal!