Folge #14.1: Effektive Kommunikation als Führungsperson – Wenn Mitarbeitende Probleme haben

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

In dieser Podcast-Episode wird die Thematik der effektiven Kommunikation in der Führungsrolle und der Motivation von Mitarbeitenden behandelt. Die Grundlagen der Kommunikation nach Herzberg, Maslow und Gordon werden skizziert, wobei Gordon’s Modell in vier Zonen unterteilt ist. Besondere Aufmerksamkeit wird der ersten Zone gewidmet, in der Mitarbeitende Probleme haben. Es wird erläutert, wie Führungskräfte diese erkennen und unterstützen können, ohne die Probleme zu übernehmen. Aktives Zuhören und das Vermeiden von Kommunikationsblockaden sind zentrale Elemente, um Mitarbeitenden bei der Selbstlösung ihrer Probleme zu helfen.

In dieser Folge geht es wieder um die effektive Kommunikation als Führungskraft und wie ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren kann.

In der letzten Folge dieses Podcasts und der ersten dieser Serie habe ich die Grundlagen der Effektiven Kommunikation anhand von Herzberg, Maslow und Gordon kurz skizziert. Insbesondere das Modell von Gordon wird mir in dieser und den folgenden drei Folgen als Leitfaden dienen. Hier noch einmal kurz zur Rekapitulation die wichtigsten Elemente von Gordons Modell. Wer es genauer wissen will, sollte sich zunächst Episode 14 noch einmal anhören.

Gordon unterteilt die Kommunikation in vier Zonen:

  • Der Mitarbeitende hat ein Problem
  • Niemand hat ein Problem
  • Ich habe ein Problem
  • Der Mitarbeitende und ich haben ein gemeinsames Problem

In seinem Buch Leader Effectiveness Training zeigt Gordon dann auf, wie wir als Führungskraft in jeder dieser Zonen effektiv kommunizieren können.

In der heutigen Folge möchte ich nun tiefer in die erste Zone eintauchen. Zuerst werde ich dir noch einmal kurz erklären, worum es in dieser Zone geht. Dann zeige ich dir, wie du sie erkennen kannst und wie du zur Lösung des Problems beitragen kannst, ohne das Problem zu deinem Problem zu machen.

Wie der Titel schon sagt, habe in dieser Zone nicht ich das Problem, sondern der Mitarbeitende. Die Ursache kann im Privatleben oder im Arbeitsumfeld liegen. Vielleicht war ein Kunde unfreundlich oder es gibt einen Konflikt mit Kollegen oder einer anderen Abteilung im Unternehmen.

Ich erinnere mich noch gut an eine solche Situation, die ich vor einigen Jahren selbst erlebt habe. Damals leitete ich ein Team von Netzwerkspezialisten in einem großen Unternehmen. Das Team war unter anderem für die VPN-Verbindungen zu den Lieferanten zuständig. Einer meiner Mitarbeitenden war explizit nur damit beschäftigt, sich um Änderungen, Störungen oder den Abbau dieser VPNs zu kümmern. Der Mitarbeitende machte seine Arbeit gerne und auch gut. Er ärgerte sich aber immer wieder über die Unfähigkeit der Lieferanten. Grundsätzlich war die Situation für mich kein Problem. Aber der Mitarbeitende ärgerte sich so oft und so intensiv, dass er mit der Zeit die Lust an der Arbeit verlor. Damals war ich noch nicht fit genug, um zu erkennen, dass ich mich um ihn kümmern muss. Heute würde ich anders reagieren.

Zunächst ist es wichtig, eine solche Situation zu erkennen. Es ist nicht immer so, wie in dem geschilderten Fall, dass die Mitarbeitenden so klare Signale aussenden. Sehr oft zeigen sie ihre Probleme nicht so offen und fast nie kommen sie direkt auf uns zu. Grundsätzlich wollen sie ihre Probleme selbst lösen und uns nicht mit solchen Kleinigkeiten belästigen. Sie denken auch oft, dass solche Probleme einfach zum Leben und Arbeiten dazugehören. Als Führungskraft sollten wir daher ein Sensorium entwickeln, mit dem wir sowohl die expliziten, lauten Äußerungen als auch die leisen, impliziten Verhaltensweisen wahrnehmen können. Laute explizite Äußerungen sind zum Beispiel

  • »Ich bin wütend« oder »Ich drehe durch«.
  • “Ich bin unglücklich” oder “Ich bin unzufrieden
  • »Was für ein Tag!« oder »Ich hätte im Bett bleiben sollen!«
  • »Die Firma kann mich mal!« oder »Was erwarten die eigentlich von uns?«

Stille, implizite Verhaltensweisen können sich wie folgt äußern:

  • Niedergeschlagenheit, Griesgrämigkeit
  • Nervosität, Reizbarkeit, Überempfindlichkeit
  • Gesprächsvermeidung
  • Vermeidung von Augenkontakt
  • Verkrampfung, Furcht, Ängstlichkeit
  • Häufiges Nörgeln
  • Tagträumen Vergesslichkeit

Wenn du solche Äußerungen oder Verhaltensweisen bei deinen Mitarbeitenden erkennst, solltest du aktiv werden. Aber wie genau? Wie reagiert man in solchen Situationen richtig? In solchen Situationen geht es in erster Linie darum, dass sich der Mitarbeitende uns gegenüber öffnet, reflektiert und wir ihn bei der Lösung unterstützen können.

Vorweg möchte ich betonen, dass wir uns das Problem auf keinen Fall zu eigen machen dürfen und es auch nicht lösen sollten. Aber wir sollten dem Betroffenen unsere Hilfe anbieten. Gordon nennt das “Türöffnen”. Dies geschieht am besten niedrigschwellig und offen.
Die folgenden Sätze können als Türöffner dienen:

  • »Möchtest du darüber reden?«
  • »Kann ich dir dabei helfen?«
  • »Ich würde gerne deine Meinung hören.«
  • »Würde es dir helfen, wenn du darüber sprichst?«
  • »Manchmal hilft es, es sich von der Seele zu reden.«
  • »Ich würde dir gerne helfen, wenn ich kann.«
  • »Erzähl mir davon.«
  • »Ich hätte Zeit, wenn du Zeit hättest. Möchtest du darüber reden?«

Wenn die Person das Angebot annimmt und sich öffnet, solltest du zuhören. Das kann passiv sein, d.h. mit Kopfnicken, Blickkontakt und wenigen Worten wie z.B. ein *mhm”, “verstehe” oder “okay”. Im weiteren Verlauf des Gesprächs kannst du zum aktiven Zuhören übergehen. Beim aktiven Zuhören stellst du Fragen, um sicherzugehen, dass du die Person richtig verstanden hast. Du gibst das Gehörte mit deinen eigenen Worten wieder. Achte darauf, dass deine Fragen wirklich dazu dienen, die Gefühle und die Situation des Mitarbeitenden besser zu verstehen. Dies sollte wertfrei und ohne Suggestivfragen geschehen.

Thomas Gordon nennt in seinem Buch zwölf Kommunikationsblockaden, die wir unbedingt vermeiden sollten. Diese sind

  1. Befehlen, anordnen, auffordern. Also Sätze wie:
  • Sie müssen das tun!
  • Sie können das nicht tun
  • Ich erwarte, dass Sie das tun!
  • Hören Sie damit auf!
  • Entschuldigen Sie sich.
  1. Warnen, ermahnen, drohen. Das sind Sätze wie:
  • Sie hätten besser dies oder jenes getan …
  • Wenn Sie das nicht getan hätten …
  • Das hätten Sie besser nicht getan.
  • Ich warne Sie, wenn Sie das tun …
  1. Molisieren, predigen, beschwören. Das sind Sätze wie:
  • Das sollten Sie tun!
  • Sie sollten es versuchen!
  • Sie sind dazu verpflichtet!
  • Sie müssen es tun! Ich möchte, dass Sie es tun! Ich bitte Sie, es zu tun!
  1. Beraten, vorschlagen, Lösungen anbieten
  • Meiner Meinung nach sollten Sie dies oder jenes tun …
  • Wenn Sie mich fragen … wäre es für Sie am besten, wenn Sie …
  • Warum versuchen Sie es nicht anders?
  • Die beste Lösung ist … .
  1. Mit Logik überzeugen, Vorträge halten, Gründe anführen
  • Ist Ihnen klar, dass …
  • Die Fakten sprechen für …
  • Lassen Sie mich die Fakten darlegen. Das wäre richtig!
  • Die Erfahrung lehrt, dass …
  1. Urteilen, kritisieren, widersprechen, beschuldigen
  • Sie handeln töricht!
  • Sie sind auf dem falschen Weg!
  • Sie haben es falsch gemacht!
  • Sie haben Unrecht!
  • Wie dumm von Ihnen, so etwas zu sagen!
  1. Loben, zustimmen, schmeicheln
  • Sie haben in der Regel ein sicheres Urteilsvermögen.
  • Sie sind ein intelligenter Mensch.
  • Sie haben große Fähigkeiten.
  • Sie haben große Fortschritte gemacht.
  • Sie haben bisher immer Erfolg gehabt.
  1. Beleidigen, lächerlich machen, beschämen
  • Sie arbeiten nachlässig.
  • Sie können nicht klar denken.
  • Sie reden, als hätten Sie es zum ersten Mal gehört.
  • Sie stellen sich wirklich dumm!
  1. Interpretieren, analysieren, diagnostizieren
  • Sie sagen das, weil Sie wütend sind.
  • Sie sind eifersüchtig.
  • Was Sie wirklich brauchen, ist …
  • Sie haben Autoritätsprobleme.
  • Sie wollen Eindruck schinden.
  • Sie sind ein bisschen paranoid.
  1. Beruhigen, Mitgefühl zeigen, trösten, aufrichten.
  • Morgen werden Sie anders darüber denken.
  • Es wird besser werden.
  • Es sieht immer schlimmer aus, als es ist.
  • Auf Regen folgt Sonnenschein.
  • Nehmen Sie sich das nicht so zu Herzen.
  • So schlimm ist es nicht.
  1. Fragen, fragen, fragen
  • Warum haben Sie das gemacht?
  • Wie lange haben Sie das schon gedacht?
  • Was haben Sie unternommen, um eine Lösung zu finden?
  • Haben Sie mit jemandem darüber gesprochen?
  • Wann wurde Ihnen diese Einstellung bewusst?
  • Wer hat Sie beeinflusst?
  1. Ablenken, ausweichen, aufziehen
  • Es hat auch etwas Gutes.
  • Kommen Sie erst einmal zu sich, bevor Sie sich darüber Gedanken machen.
  • Gehen wir essen und vergessen es.
  • Das erinnert mich an die Zeit, als …
  • Sie haben vielleicht Probleme!

Warum nicht? Implizit (und manchmal auch explizit) drücken diese zwölf Kategorien den Wunsch oder die Absicht aus, den Mitarbeitenden zu verändern, anstatt ihn zu akzeptieren. Viele Menschen empfinden das als übergriffig. Vielleicht denkst du jetzt, dass das sicher auf viele der Kategorien zutrifft, aber auf einige auch nicht. Was ist falsch daran, wenn wir loben oder unsere Sympathie ausdrücken? Tatsächlich ist es aber so, dass all diese Blockaden dazu führen, dass wir dem Mitarbeitenden seine Gefühle absprechen, indem wir sie bewerten. Unsere Aufgabe ist es aber nicht, zu bewerten, sondern zu befähigen, die eigenen Probleme selbst zu lösen.

Wir müssen aber auch ehrlich sein: Es ist schwer, nicht in eine dieser Kommunikationsblockaden zu geraten. Auch hier gilt: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Wenn wir kurz innehalten und nachdenken, können wir diese Blockade sehr gut vermeiden, ohne sie auswendig lernen zu müssen. Und um ehrlich zu sein, habe ich das erst wirklich gelernt, als ich unsere Tochter großgezogen habe. Ein Kind bietet so viele Situationen, um diese Methoden anzuwenden, dass es fast unmöglich ist, es nicht zu lernen.

Bei manchen Menschen reicht es, passiv und aktiv zuzuhören. Durch das Erzählen und unser Spiegeln reflektieren sie das Problem und sind in der Lage, selbst Lösungen zu entwickeln. Wenn das nicht möglich ist, können wir mit Mentoring und Coaching weiterhelfen. Das heißt, wir fragen den Mitarbeitenden, wie er das Problem angehen und lösen könnte. Wir können auch von unseren eigenen Erfahrungen berichten und diese dem Mitarbeitenden als mögliche Lösungsansätze anbieten. Wie, ob und wie schnell er letztendlich in die Umsetzung der Lösung geht, müssen wir aber in jedem Fall dem Mitarbeitenden überlassen. Es kann durchaus sein, dass jemand mehrmals zu uns kommt, bis er erkennt, dass er handeln muss. Das erfordert viel Geduld, die sich aber fast immer lohnt.

Zum Schluss noch einmal die Zusammenfassung der heutigen Episode:

Wir werden immer wieder Situationen erleben, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Problem haben.

Wir müssen ein Gespür dafür entwickeln, wann Mitarbeitende ein Problem haben.

Anzeichen für Probleme können sich in implizitem Verhalten oder in expliziten Äußerungen zeigen.

Wir sollten unseren Mitarbeitenden in solchen Situationen das Gespräch anbieten. Dies geschieht am besten durch so genannte Türöffner.

Wenn der Mitarbeitende sein Problem schildert, sollten wir aktiv und passiv zuhören.

Dabei sollten wir auf jeden Fall die zwölf Kommunikationsblockaden vermeiden. Sie führen dazu, dass sich der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin wieder zurückzieht und man ihn/sie bei der Lösungsfindung nicht weiter unterstützen kann.

Im Anschluss an das Zuhören kannst du als Coach und Mentor Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung einer Lösung anbieten.

In der nächsten Folge werde ich mich mit der zweiten Zone beschäftigen, der problemfreien Zone in Gordons Modell. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß in deinem Business. Bis zum nächsten Mal!