Folge #18: Bist du Visionär?

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

Die dreiteilige Serie erkundet die Welt der Visionäre, ihre Stärken und Herausforderungen. Durch detaillierte Einblicke und praktische Tipps werden die Eigenschaften von Visionären untersucht, die Prozesse der Umsetzung von Visionen beleuchtet und Empfehlungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Visionären und Umsetzern gegeben.

 

❓Bist du eigentlich ein:e Visionär:in?
Vielleicht hast du dir diese Frage noch nie gestellt. Wie auch immer deine Antwort lautet: Du solltest dich unbedingt damit auseinandersetzen.

In dieser und den nächsten zwei Folgen werde ich detailliert auf die Stärken und Herausforderungen von Visionären eingehen, Lösungen für die Herausforderungen von Visionär:innen teilen, aber auch Tipps im Umgang mit ihnen geben.

Ursprünglich wollte ich das Thema in einer Folge behandeln. Ich habe aber schnell gemerkt, dass es für eine Folge von zehn bis zwanzig Minuten zu umfangreich ist. Deshalb habe ich beschlossen, das Thema in drei Teile aufzuteilen.

In dieser ersten Folge werde ich mich vertieft mit den Eigenschaften von Visionär:innen beschäftigen. Ich werde aufzeigen, was ihre Stärken und Herausforderungen sind und wann es angezeigt ist, eine:n Umsetzer:in einzustellen, die das weitere Wachstum des Unternehmens ermöglicht.

Im zweiten Teil werde ich mich mit der Rolle des/der Umsetzer:in beschäftigen. Welches Profil braucht es, um Visionen in die Tat umzusetzen?

In der dritten Folge geht es dann darum, wie man ins Handeln kommt. Ich zeige dir, wie du den richtigen Umsetzer auswählst, wie du ihn einarbeitest und wie du dich damit von allem befreist, was dir als Visionär das Leben schwer macht.

❗Diese Serie ist nicht nur für Visionäre. Auch als Umsetzer:in kannst du im Umgang mit Visionären vieles mitnehmen.

Wir alle kennen Visionäre: Steve Jobs, Walt Disney und Bill Gates sind wohl die bekanntesten. Auch in der Schweiz hatten und haben wir bekannte Visionäre. Alfred Escher und Gottlieb Duttweiler sind die beiden bekanntesten Namen, die mir einfallen. Doch auch viele „normale“ Unternehmer:innen sind Visionäre. Dass sie Visionäre sind, ist oft der Grund, warum sie Unternehmer:innen geworden sind.

Visionäre haben eine Mission, die sie mit viel Engagement und Ausdauer verfolgen. Sie wollen die Welt verändern. Oft schaffen sie Arbeitsplätze und bringen nicht nur ihr Unternehmen, sondern auch die Gesellschaft voran. Visionäre finden sich in allen Arten von Unternehmen. In Familienunternehmen, in Start-ups oder auch in ganz normalen Mittelständlern.

Doch was zeichnet Visionäre aus? Was unterscheidet sie von anderen „normalen“ Menschen? Genau darum geht es im Folgenden.

Wie bereits erwähnt, sind sehr viele Unternehmer:innen Visionäre. Visionäre zeichnen sich dadurch aus, dass sie große Ideen haben und diese auch umsetzen. Sie haben ein klares Ziel. Dieses Ziel ist nicht das Geldverdienen. Geld verdienen ist ein erwünschter Nebeneffekt. Sie wollen etwas Großes schaffen. Dafür sind sie bereit, sehr große Anstrengungen und Entbehrungen auf sich zu nehmen. Ich erinnere noch einmal an Gottlieb Duttweiler und Alfred Escher. Beide haben der Schweiz ein Vermächtnis hinterlassen. Visionäre stossen in ihrem Umfeld oft auf Unverständnis. Viele Visionäre, die ich kenne, haben ADS – wenn auch nicht immer diagnostiziert. Sie haben einen ausgeprägten Hyperfokus und sehr oft eine Hyperfixierung.

Wenn wir uns Visionäre etwas genauer anschauen, dann haben sie folgende Eigenschaften:

  • Visionäre haben viele Ideen. Sie denken ungewöhnlich und machen unkonventionelle Vorschläge. Ihr Gehirn arbeitet unermüdlich an einem Thema. Sie suchen nach neuen und kreativen Lösungen für scheinbar unlösbare Probleme. Längst nicht alle Ideen sind gut. Die meisten sind sogar schlecht. Aber jede zehnte bis zwanzigste Idee ist genial. Das macht sie so wertvoll für das Unternehmen.
  • Visionäre lieben das Große. Sie sind fantastisch im Aufbau wichtiger Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Netzwerkpartnern. Und sie sind oft diejenigen im Unternehmen, die die großen Deals abschließen. Je kleiner und detaillierter eine Aufgabe ist, desto weniger Interesse und Energie haben sie dafür.
  • Visionäre sind vorausschauend. Sie beschäftigen sich mehr mit der Zukunft als mit der Gegenwart. Deshalb sind sie immer am Puls der Zeit. Sie versuchen, die Zukunft zu gestalten, indem sie sie vorwegnehmen. Proaktiv statt reaktiv. Sie entwickeln neue Produkte und Dienstleistungen, bevor es die Konkurrenz tut. Sie sehen das große Ganze und verbinden scheinbar Unzusammenhängendes.
  • Visionäre sind eher Jäger als Bauern. Sie sind ständig auf der Jagd nach Ideen, Kunden, Chancen und Lösungen. Führung liegt ihnen mehr als Management.


Wenn du dich in dieser Liste wiedererkennst, dann gehörst du wahrscheinlich auch zu den Visionären dieser Welt.

Auf den ersten Blick klingen diese Eigenschaften wie die eines echten Superheldes. Aber jeder Mond hat eine dunkle Seite.

Die Herausforderungen vieler Visionäre sind:

  • Hyperfokus und Hyperfixierung: Visionäre langweilen sich schnell. Die Hyperfokussierung lässt sie sehr schnell sehr tief in ein Thema eintauchen und schnell Ergebnisse erzielen. Doch nach einiger Zeit verlieren sie das Interesse und wenden sich neuen, spannenden Themen zu. Noch schlimmer ist es im Alltag. Visionäre haben oft Schwierigkeiten, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen. Selbst in Diskussionen wirken sie schnell abgelenkt, wenn jemand nicht innerhalb von 30 Sekunden auf den Punkt kommt.
  • Zu viele Ideen: Die bereits erwähnte Hyperfixierung lässt Visionäre sehr schnell lernen. Visionäre haben einen unbändigen Drang zur persönlichen Weiterentwicklung. Sie verändern sehr oft Systeme und Prozesse, auch wenn diese noch sehr gut funktionieren, haben also eine hohe Handlungsinnovation. Dabei haben sie wenig Verständnis für das Chaos, das sie damit anrichten. Ihr Optimismus ist kaum zu bremsen.
  • Ständige Kursänderungen: Weil Visionäre für ihre Ideen brennen und sie mit unbändigem Optimismus verfolgen, sind sie oft charismatische Führungspersönlichkeiten. Gepaart mit den oben genannten Eigenschaften führt dies oft dazu, dass die Organisation auf jede neue Idee mit einer Kursänderung reagiert. Wenn die Visionärin ein neues Projekt anstößt, konzentriert sich die gesamte Organisation auf dieses Projekt und lässt alles andere hinter sich – unabhängig von der Vision des Unternehmens. Solche Kursänderungen sind jedoch schwer zu bewerkstelligen. Zumal sie umso häufiger werden, je besser die Organisation in der Lage ist, ihnen zu folgen.
  • Keine Details: Visionäre haben das große Ganze im Blick und kümmern sich nicht gerne um Details. Sie führen zielorientiert und vergessen dabei, dass dies viele Mitarbeitende verunsichert. Prozesse sind ihnen ein Graus. Sätze wie „Das ist doch nur gesunder Menschenverstand“, „Das habe ich ihr doch erklärt“ oder „Das muss sie doch merken“ sind oft die Folge von zu wenig klar kommunizierten Erwartungen.
  • Assistenten statt Teammitglieder: Die meisten Visionäre sind verdammt gut in dem, was sie tun – wieder ein Resultat von Leidenschaft und Hyperfixierung. Um zu wachsen, stellen sie Leute ein, die ihnen helfen, mehr zu schaffen. Meistens sind diese Leute aber nur „Assistenten“ – Befehlsempfänger, die dem Genie dienen. Das Problem: Es skaliert nicht. Und wenn die Visionärin einmal länger ausfällt, bricht das ganze System zusammen. Das ganze Unternehmen ist um die Visionärin herum aufgebaut und ohne sie wertlos.


Die Herausforderung für die meisten Visionäre besteht also darin, die genannten Stärken voll ausleben zu können und gleichzeitig die Schwächen zu managen. Irgendwann wird der Leidensdruck so groß, dass etwas passieren muss.

Ich kannte und kenne unzählige Unternehmer:innen, die genau an dem Punkt sind, an dem sie merken, dass sie an der Decke anstehen. Um weiter zu wachsen, investieren sie immer mehr Zeit in die Firma und verbringen so zwischen zehn und fünfzehn Stunden am Tag mit der Arbeit. Frau und Kinder sehen sie nur noch aus der Ferne, ihre Hobbys haben sie alle aufgegeben. Trotzdem kommen sie nicht von der Stelle. Sie haben offensichtlich keine Kontrolle mehr über ihr Unternehmen:

❌Sie werden vom Unternehmen gelenkt, anstatt die Geschicke ihres Unternehmens zu lenken.

Der Gewinn ist zu gering für die Menge an Geld, Zeit und Energie, die sie investieren. Niemand scheint es zu verstehen. Die Mitarbeitenden, die Partner, die Kunden, die Lieferanten. Die Besten kündigen frustriert. Sie stehen Schlange. Das Wachstum flacht ab, kommt zum Stillstand und sie wissen nicht wirklich warum.

Wenn du an diesem Punkt angelangt bist, musst du etwas ändern. Sonst wird dein Unternehmen weiter stagnieren oder schrumpfen. Der erste Schritt dazu ist, zu erkennen, dass du dich in dieser Situation befindest und dass du eine Visionär:in bist. Wenn du dir nicht sicher bist, empfehle ich dir, den Visionären-Test auszufüllen, der in den Shownotes verlinkt ist. Beantworte die Fragen unvoreingenommen und ehrlich und du bekommst eine gute Einschätzung, wie visionär du bist. Am besten ist es, wenn du den Fragebogen auch von deinem Umfeld ausfüllen lässt, um eine Außensicht zu bekommen.

Zum Schluss die Zusammenfassung der Episode:

  • Viele Unternehmer:innen sind Visionäre.
  • Visionäre sind die Menschen, die Neues schaffen und für viele Arbeitsplätze verantwortlich sind.
  • Visionäre sind sehr gute Leader, aber sehr selten gute Manager.
  • Viele Visionäre haben ADS.
  • Die Stärke von Visionären, eine Vision zu entwickeln und zu verfolgen, ist sehr oft auch ihre Schwäche.
  • Viele Visionäre kommen irgendwann an einen Punkt, an dem sie blockiert sind und das Wachstum des Unternehmens ins Stocken gerät. Dann müssen sie handeln.


Ich möchte dir noch einen Buchtipp geben. Und zwar das Buch „Hunting in a Farmer’s World“ von John F. Dini. Dini beschreibt in seinem Buch sehr gut, was Visionäre ausmacht und gibt viele praktische Tipps für den Umgang mit weniger visionären Menschen. Ein unterhaltsames und sehr wertvolles Buch. Den Link zum Buch findest du in den Shownotes.

In der nächsten Folge zeige ich dir, wie du als blockierter Visionär aus dieser Situation herauskommst, indem du eine Person einstellst, die für dich die Umsetzung deiner Vision übernimmt.

Wenn du genau dieser Umsetzer:in bist, der mit einem Visionär zusammenarbeitet, dann bekommst du in der nächsten Folge auch viele wertvolle Tipps, wie du deine Aufgabe besser wahrnehmen und vor allem die Beziehung zu deinem Visionär so gestalten kannst, dass ihr erfolgreich seid. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß mit deinem Business. Bis zum nächsten Mal!