Folge #10: Weshalb du kein Organigramm brauchst

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

In diesem Podcast-Transkript erfahren die Hörer, wie sie Verantwortlichkeit im Unternehmen schaffen können, indem sie die innovative Accountability Chart nutzen. Die Folge deckt die Grundlagen der Chart ab, zeigt, wie man sie erstellt und einsetzt, und betont die Bedeutung klar definierter Rollen und Verantwortlichkeiten für effektive Unternehmensführung.

In dieser Folge geht es darum, wie wir Verantwortlichkeit im Unternehmen schaffen können. Das Werkzeug, das ich euch vorstellen werde, ist eine überarbeitete Version des Organigramms Ich verwende dafür den Begriff Accountability Chart. Der Begriff ist ein eingetragenes Markenzeichen von EOS Worldwide, hat sich aber auch über EOS hinaus als gebräuchlichste Bezeichnung etabliert. Das Accountability Chart ist eines der zentralen Elemente jedes Business Operating Systems. Es bildet die Organisation ab und zeigt, wer wofür verantwortlich ist. In dieser Folge zeige ich dir, wie du zu einer wirklich guten Accountability Chart für dein Unternehmen kommst und wie du sie in der Führung einsetzen kannst.

Die Accountability Chart ist im Grunde ein Organigramm, das neben der Position und dem Namen der verantwortlichen Person zusätzliche Informationen enthält. Und genau diese Zusatzinformationen machen es zu einem so mächtigen Werkzeug.

Wenn ich ein Accountability Chart erstelle, beginne ich immer mit der Wertschöpfungskette, die ich in der letzten Folge erwähnt habe: „Aufträge bekommen, Aufträge ausführen und bezahlt werden“. Jedes Geschäftsmodell lässt sich auf diese drei Hauptelemente reduzieren, und sie sollten im Unternehmen entsprechend gewichtet werden. Wenn einer der drei Bereiche nicht funktioniert, funktioniert das ganze Unternehmen nicht.

Wir gehen also von diesen drei Hauptfunktionen aus. Sie sind die ersten Kandidaten für die Funktionen oder „Sitze“, die wir brauchen. Wir können sie „Sales & Marketing“, „Operations“ und „Finance“ nennen. Meistens ist die Situation jedoch etwas komplexer. Unser Geschäft erfordert vielleicht, dass Sales & Marketing auf zwei Seats aufgeteilt wird. Auch Operations kann in Entwicklung und Produktion oder in Professional Services und Managed Services aufgeteilt werden, und der Finance-Seat kann in IT, People Management und Finanzen aufgeteilt werden. Was die richtige Struktur ist, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und ändert sich auch im Laufe der Zeit. Die Struktur von heute ist selten die richtige für morgen.

Was wir zusätzlich brauchen, ist eine Position, die das Ganze zusammenhält, einen Dirigenten für das Orchester. Diese Position wird gerne als Integrator:in oder Second in Command oder auch als COO bezeichnet. Im Organigramm steht sie über den oben beschriebenen Hauptfunktionen des Führungsteams. Alle Positionen im Managementteam sind ihr unterstellt. Sie sorgt dafür, dass das Team zusammenbleibt und zu Höchstleistungen fähig ist. In einigen Unternehmen kommt noch eine weitere Position zum Führungsteam hinzu: der Visionär:in. Visionäre sind oft die Gründer des Unternehmens. Sie sind etwas anders verdrahtet als der Rest des Teams. Sie haben unzählige Ideen und es kann ihnen nie schnell genug gehen. Der Visionär ist kein gewöhnliches Teammitglied. In der Verantwortungshierarchie steht er über dem COO. Ein gutes Zusammenspiel zwischen dem Visionär und dem Integrator ist unglaublich wichtig. Wenn das nicht funktioniert, kann das nachhaltigen Schaden anrichten. Großes Vertrauen muss die Basis dieser Beziehung sein. Auf dieses Zusammenspiel werde ich später noch näher eingehen.

Wir haben nun die Grundstruktur des Führungsteams in einem Organigramm festgehalten. Der nächste Schritt ist nun, aus diesem Organigramm ein Accountability Chart zu machen.

Um aus dem Organigramm eine Accountability Chart zu machen, reichern wir die Seats mit einer Reihe von Attributen an. Die meisten Business Operating Systems beschränken sich dabei auf die wichtigsten Rollen dieses Seats. In den letzten Jahren habe ich mit meinen Kunden begonnen, zusätzliche Informationen hinzuzufügen.

Zuerst schreiben wir in einem Satz, warum wir die Position im Unternehmen brauchen. Beim Marketing-Seat kann das zum Beispiel sein: „Damit wir ständig neue Leads bekommen“.

Dann schreiben wir die wichtigsten Rollen auf, die mit diesem Seat verbunden sind. Um wieder auf den Marketing-Seat zurückzukommen, könnte das sein

  •     Website
  •     Soziale Medien
  •     Lead-Generierung
  •     Veranstaltungen
  •     Führung und Management

 

Die Rolle Leadership und Management gibt es in jedem Seat, dem weitere Mitarbeitende unterstellt sind. Bei der Auswahl dieser Rollen folgen wir dem Pareto-Prinzip. 80% sind genug. Nicht Perfektion. Das Ziel dieser Liste ist, dass alle wissen, was die Hauptverantwortlichkeiten dieser Position sind.

Als nächstes schreiben wir auf, auf welche Zeile unserer Buchhaltung (also Bilanz, Erfolgsrechnung und Geldflussrechnung) die Position den grössten Einfluss hat. Im Marketing sind das normalerweise die Marketingkosten. Das zeigt allen, dass und wie ihre Aufgabe einen Bezug zu den Finanzen hat – etwas, das wir als Unternehmer:in eigentlich als selbstverständlich erachten, für viele Mitarbeitende aber nicht.

Weiter geht es mit KPIs und Leading Indicators. Den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen habe ich bereits in Folge 7 ausführlich erklärt. Wer diese Folge noch nicht gehört hat, dem empfehle ich, dies bei Gelegenheit nachzuholen. Als KPIs bezeichne ich die Ergebnisse. Im Vertrieb sind das zum Beispiel die Anzahl der Abschlüsse pro Quartal oder Jahr. Die zentrale Frage ist: Wie kann ich am Ende des Quartals oder des Jahres beurteilen, ob eine Position die Ziele erreicht hat? KPIs sind also nachlaufende Kennzahlen. Leading Indicators hingegen sind die vorlaufenden Zahlen. Was muss die Position jede Woche tun, damit wir die Ziele (KPIs) erreichen können? Diese beiden Zahlen machen deutlich, welche Erwartungen an den Seat gestellt werden.

Zum Schluss listen wir die wichtigsten Prozesse auf, für die die Position verantwortlich ist. Bei Sales ist das zum Beispiel der Verkaufsprozess.

Diese Liste erstellen wir nun für alle Positionen im Führungsteam. Das geschieht in der Regel in einem Workshop, an dem das gesamte Führungsteam teilnimmt.

Erst dann entscheiden wir, wer die beste Besetzung für welche Position ist. Erst die Struktur, dann die Personen. Dazu verwenden wir das Talent- Assessment, das ich in Folge 4 vorgestellt habe. Sobald die Accountability Chart auf der Ebene des Führungsteams klar ist, hat jedes Mitglied des Führungsteams die Aufgabe, das Gleiche für seinen eigenen Bereich zu tun. Das bedeutet, dass jede Führungskraft die Accountability Chart für ihren eigenen Bereich erstellt und sie dann zurück ins Führungsteam bringt.

Wenn wir diese Übung machen, sehen wir fast immer irgendwelche People Issues. Das sind Probleme mit Mitarbeitenden, die wir lösen müssen. Die häufigsten Issues sind:

  • Mehr als eine Person in einem Seat: Wenn mehr als eine Person verantwortlich ist, ist niemand verantwortlich. Deshalb ist es fast immer ein Problem, wenn zwei Personen genau die gleiche Verantwortung haben.
  • Keine Person in einem Seat: Eine Position, die nicht besetzt ist, muss vom Team ausgefüllt werden. Dies ist eine Belastung für das gesamte Team und sollte so schnell wie möglich behoben werden.
  • Eine Person in mehreren Positionen: Wenn eine Person mehrere Positionen besetzt, führt dies in den meisten Fällen zu Interessenskonflikten und zu einer Überlastung der betreffenden Person.
  • Eine neu besetzte Stelle: Wenn eine Stelle neu besetzt wird, ist dies oft eine Herausforderung. Die Person muss sich in das Team integrieren, das Team verändert sich, gruppendynamische Prozesse finden statt. Die Führungskraft braucht in der ersten Zeit viel mehr Aufmerksamkeit.

 

Bei all diesen Themen ist es wichtig, dass wir sie auf dem Radar haben. Wir müssen sie nicht alle sofort lösen. Aber wir sollten sie alle angehen und in absteigender Priorität eine Lösung finden.

Wenn man diesen Weg für sein Unternehmen geht, kann man sehr schnell sehr viel Klarheit schaffen. Die Accountability Chart ist ein Dokument, das du transparent mit allen Mitarbeitenden teilen und regelmässig aktualisieren solltest. Wenn das Unternehmen wächst und du dadurch neue Stellen schaffen kannst, werden sich bestehende Mitarbeitende überlegen, ob sie sich bewerben sollen. So kannst du Chancen schaffen und deine Mitarbeitenden fördern und fordern.

Weitere Informationen zur Accountability Chart findest du im Buch PINNACLE von Steve Preda und Greg Cleary. Wenn du mehr über die Beziehung zwischen Visionär und Integrator lesen möchtest, empfehle ich dir das Buch „Rocket Fuel“ von Gino Wickman und Mark C. Winters.

In der nächsten Folge geht es um den Aufbau und den Nutzen von Advisory Boards. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß mit deinem Business. Bis zum nächsten Mal!