Folge #7: Wie du die Woche gewinnen kannst

FOLGENZUSAMMENFASSUNG:

Diese Podcast-Folge beleuchtet, wie Unternehmen durch konkrete Messverfahren und offene Kommunikation ihre Ziele effizienter erreichen können. Dabei wird die Bedeutung von Vorlauf- und Nachlaufmessgrößen erörtert und anhand von Praxisbeispielen verdeutlicht, wie datenbasierte Entscheidungsfindung den Unternehmenserfolg fördert.

In dieser Folge geht es darum, wie wir Leistung im Unternehmen messen. Ich werde dir zeigen, wie du mit einfachen Mitteln feststellen kannst, ob du und deine Mitarbeitenden die gesteckten Ziele erreichen oder nicht – und das jede Woche.

Im ersten Teil werde ich darüber sprechen, warum es wichtig ist, in einem Unternehmen Zahlen zu messen. Im zweiten Teil geht es darum, welche Zahlen wir messen sollten und wie wir sie idealerweise messen. Im dritten und letzten Teil möchte ich darauf eingehen, was man tun kann, wenn die Zahlen nicht stimmen.

Der berühmte Ökonom Peter F. Drucker hat einmal gesagt: „Was man nicht messen kann, kann man auch nicht steuern“. Dieses berühmte Zitat bringt es auf den Punkt. Als Unternehmer:in ist es unsere Aufgabe, unser Unternehmen zu managen, sprich: zu lenken. Wir lernen, dass wir uns immer mehr aus dem operativen Geschäft zurückziehen und Verantwortung an unsere Mitarbeiter:innen abgeben müssen. Was wir aber nicht abgeben dürfen, ist die Gesamtverantwortung für die Prozesse. Wenn wir Prozesse effektiv und effizient steuern wollen, brauchen wir gute, also aussagekräftige Messgrössen.

Ich schaue mir sehr viele Unternehmen an und stelle sehr oft fest, dass kaum ein Prozess wirklich gemessen wird. Selbst die wichtigsten Prozesse werden aus dem Bauch heraus gesteuert. Es ist aber absolut wichtig, dass wir unsere Entscheidungen auf harte Fakten stützen. Die Unsicherheiten sind noch groß genug. Die Folge ist, dass Entscheidungen hinausgezögert werden aus Angst, falsch zu entscheiden. Die richtige Reaktion wäre aber, sich Informationen zu beschaffen, um möglichst gute Entscheidungen treffen zu können.

Wer anfängt, Prozesse zu messen, merkt schnell, dass das nur funktioniert, wenn die Prozesse auch dokumentiert, geschult und eingehalten werden. Wie man das in einem KMU am besten macht, erkläre ich in Folge 9 dieses Podcasts. An dieser Stelle möchte ich nur festhalten, dass eine effiziente und effektive Steuerung der Prozesse nicht möglich ist, wenn diese nicht gemessen werden. Aber mit dem Messen allein ist es nicht getan. Genauso wichtig wie das Messen ist die offene Kommunikation. Wenn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht wissen, was von ihnen erwartet wird und wo sie stehen, werden wir kaum in der Lage sein, die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

Das habe ich vor einigen Monaten sehr eindrücklich bei einem Kunden erlebt – einem Industriebetrieb mit gut 50 Mitarbeitenden und eigener Produktion. Der Betrieb hatte monatelang Probleme, seine wichtigste Maschine, einen Ofen, auszulasten. Jedes Produkt musste durch diesen Ofen. Die Auslastung des Ofens ist die wichtigste Kennzahl in der gesamten Produktion. Der Flaschenhals war aber nicht der Ofen, sondern die nachgelagerte Montage. Diese war nicht in der Lage, die vom Ofen produzierten Halbfabrikate zu verarbeiten. Die gesteckten Produktionsziele wurden Quartal für Quartal verfehlt. Auf Druck des Managements wurde die Auslastung des Ofens erhöht. Nun stapelten sich die Halbfabrikate in der gesamten Produktion. Trotzdem wurden nicht mehr Produkte an die Kunden ausgeliefert. Erst als der Produktionsleiter in der ganzen Produktion Bildschirme mit Produktionszielen und Produktionszahlen aufhängen liess, änderte sich die Situation. Plötzlich wusste jeder im Betrieb, wo der Engpass lag. Jeder konnte zu jeder Tageszeit sehen, ob die Montage ihre Ziele erreichte und gegebenenfalls eingreifen. Dadurch stieg die Auslastung des Ofens sprunghaft an und auch der Durchsatz der Gesamtproduktion erhöhte sich.

Für mich ist das ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie wichtig es ist, Prozessgrößen zu messen UND zu kommunizieren.

Was sollten wir messen? Bei dem erwähnten Kunden war ziemlich klar, was die zu messende Größe ist, mit der die Leistung der Produktion gemessen werden kann. Sehr oft ist dies jedoch nicht der Fall. Die Erfahrung zeigt auch, dass es sehr schwierig ist, überall im Unternehmen wirklich gute Messgrößen zu finden, mit denen die Prozesse gemessen werden können. In diesem Teil des Podcasts möchte ich einige Erfahrungswerte weitergeben, die helfen, die richtigen Kennzahlen zu finden.

In jedem Unternehmen gibt es zwei verschiedene „Arten“ von Kennzahlen:

  • Nachlaufende Messgrößen
  • Vorlaufende Messgrößen

Nachgelagerte Messgrößen sind in der Regel die Ergebnisse oder KPIs eines Prozesses. In einem Vertriebsprozess ist dies z.B. die Anzahl der Abschlüsse. In der Produktion sind es die produzierten Produkte und im Finanzbereich der Gewinn oder der Gesamtumsatz. Der Nachteil von KPIs ist, dass wir sehr oft nichts mehr beeinflussen können, wenn wir die Ergebnisse haben. Lassen Sie mich das an einem praktischen Beispiel erläutern: Einige meiner Kunden sind im B2B-Bereich tätig. Das heißt, sie verkaufen ihre Produkte und Dienstleistungen an andere Unternehmen, die damit wiederum produzieren. Im B2B ist es oft so, dass die Deals relativ groß sind, die Anzahl der Deals aber klein. Es kann durchaus vorkommen, dass ein Unternehmen einen Deal pro Jahr abschließt, der dann über mehrere Jahre hinweg mehrere Millionen Umsatz generiert.

Wenn diese Unternehmen einen Verkäufer einstellen und ihn an den abgeschlossenen Deals messen, wird es mindestens ein Jahr dauern, bis man weiß, ob diese Person tatsächlich Deals abschließen wird. Kaum ein Unternehmen will oder kann sich einen Verkäufer leisten, der jahrelang ein tolles Gehalt bezieht und nie einen Abschluss macht.

Deshalb sollten wir, wo immer möglich, vorlaufende Messgrößen verwenden. Gute vorlaufende Messgrößen sind so aufgebaut, dass sie jede Woche einen Wert erreichen, der uns die Sicherheit gibt, dass die verantwortliche Person ihren Job macht. Im Falle unseres Vertriebsmitarbeiters könnte das zum Beispiel die Anzahl der Kontaktpunkte mit potenziellen Leads sein. Das ist noch keine Garantie für einen Abschluss pro Jahr. Aber wenn wir einen erprobten und stabilen Vertriebsprozess haben und dieser qualitativ und quantitativ umgesetzt wird, werden die Abschlüsse früher oder später kommen. Oder anders ausgedrückt: Mit nachlaufenden Kennzahlen oder KPIs messen wir den Misserfolg, mit vorlaufenden Kennzahlen messen wir den Erfolg.

Nicht für jeden Prozess ist es so einfach, eine gute wöchentliche vorlaufende Kennzahl zu finden. Und für manche Unternehmen besteht die Herausforderung darin, dass sie nicht genügend Kennzahlen haben, um die richtige auszuwählen. Für andere ist es genau umgekehrt. Sie haben durch die Digitalisierung so viele Messgrößen, dass sie alles messen können, aber nicht mehr wissen, welche die richtige Messgröße ist. Aus Erfahrung wissen wir, dass wir so früh wie möglich und so spät wie nötig im Prozess messen sollten. An dem Punkt, an dem wir stabile Zahlen haben – z.B. Konversionsraten im Sales Funnel – sollten wir die Messgröße für den Prozess ansetzen. Im Zweifelsfall würde ich lieber eine Kennzahl weniger messen und mich auf die konzentrieren, von denen ich weiß, dass sie stabil sind. Bei der Definition der Messgrössen für die Prozesse sollte man experimentierfreudig sein. Eine gute Scorecard braucht einige Wochen bis Monate, bis sie ein gutes Bild ergibt. Außerdem solltest du deine Messgrössen regelmäßig anpassen. Nur so kannst du sicherstellen, dass deine Messgrössen mit den Veränderungen Schritt halten.

Wie eingangs erwähnt, möchte ich noch darauf eingehen, was du tun kannst, wenn deine Messgrössen nicht stimmen. Wenn du merkst, dass deine Messgrössen nicht stimmen, hast du bereits etwas Wichtiges richtig gemacht. Du misst sie und schaust dir die Resultate mindestens einmal an. Das ist für mich der erste Schritt. Ich messe meine Zahlen wöchentlich und schaue sie mir auch einmal pro Woche an. Wie und wann ich das mache, kann man in der letzten Folge dieses Podcasts über die Sitzungen hören. Wenn wir also einmal in der Woche die Messwerte verfolgen und anschauen, können wir erkennen, wenn einer unserer Prozesse nicht oder nicht mehr funktioniert. Ich stelle das am liebsten in Form eines Scoreboards dar – wie eine Anzeigetafel beim Sport zeigt das Scoreboard an, wo wir stehen. So kann jeder jederzeit sehen, wo wir stehen. Stell dir vor, du schaltest ein Tennismatch im Fernsehen ein und siehst keinen Spielstand – undenkbar. Und genau so sollte es auch im Unternehmen sein. Wie in dem Beispiel mit der Produktionsfirma, das ich vorhin erzählt habe, ist es wichtig, dass jeder sehen kann, wo wir stehen. Dazu gehört aber auch, dass wir ein Ziel oder einen Schwellenwert definieren. Dieser sollte ehrgeizig, aber erreichbar sein. Ein Zielwert, der in neun von zehn Fällen nicht erreicht werden kann, ist demotivierend. Wenn sich die Ergebnisse kontinuierlich verbessern, können wir den Schwellenwert jederzeit nach oben anpassen.
Wenn die Messgrößen trotz stabiler Erfahrungswerte und guter Kommunikation nicht im erwarteten Zielbereich liegen, müssen wir uns den Prozess anschauen. Wird der Prozess eingehalten? Hat sich etwas geändert und muss der Prozess angepasst werden? Haben wir überall die richtigen Leute an den richtigen Stellen? Zu diesem Thema empfehle ich auch noch einmal die Folge vier, in der ich das Talent Assessment vorstelle. Am Ende gibt es immer zwei Ursachen: Entweder der Prozess funktioniert nicht oder eine Person im Prozess funktioniert nicht.

Ich möchte noch kurz auf einen weiteren Vorteil des Scoreboards eingehen. Einer meiner langjährigen Kunden, ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen, ist Teil eines größeren Konzerns und damit in verschiedene zentrale Prozesse eingebunden. Einer dieser Prozesse ist das zentrale Controlling. So kommt regelmäßig ein Controller aus der Zentrale ins Unternehmen, um sich zu erkundigen, wie die Geschäfte laufen. Die meisten Konzerngesellschaften bereiten sich auf diesen Besuch vor und stellen die Zahlen zusammen. Nicht so mein Kunde: Weil wir gemeinsam ein Scoreboard aufgebaut haben, das dem Management wöchentlich zeigt, wo es steht, sind die Zahlen immer aktuell und können dem Controller jederzeit übergeben werden. Sie sind ungeschönt, aktuell und operativ. Der Controller ist jedes Mal begeistert, wie mein Kunde diese Zahlen misst und in den Managementprozess integriert.

Wo auch immer du im Moment stehst: Wenn du wachsen willst, kommst du nicht umhin, deine Prozesse zu dokumentieren und vor allem zu messen. Ich hoffe, ich konnte dir ein paar Anregungen geben, wie du deine Prozesse messen kannst und wie du sicherstellen kannst, dass die Ziele erreicht werden. Leider gibt es wenig Literatur auf dem Markt, die das Thema in einfacher und kompakter Form darstellt.

Was ich aber jedem empfehlen kann, ist „The Goal“ von Eljahu Goldratt (Deutsch: https://amzn.to/3q9EbnP und Englisch: https://amzn.to/44JrYFt). In diesem Business-Roman geht es nicht primär um Messgrößen, sondern ganz allgemein um Prozessoptimierung. Er zeigt aber sehr schön, was passiert, wenn wir uns auf die falschen Zahlen konzentrieren.

In der nächsten Folge stelle ich dir ein Tool vor, mit dem du deine Strategie festhalten und verbessern kannst. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

In Folge 9 geht es dann wieder um Prozesse. Dann konkret darum, wie du deine Prozesse im Unternehmen dokumentieren, schulen und managen kannst.

Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg und Spaß mit deinem Unternehmen. Bis zum nächsten Mal!